(deutsche fassung darunter)
Fictions 07´
twenty-nine collages
by Harald V Uccello
between september & november 2007 I made 133 collages. as sourcematerial I had- next to a few drawings from found sketchpads- reproductions of photos mostly in color & on glossy paper & the greater part of them from spanish weekly journals that I generally cut out with scissors sometimes also tore out & mounted with transparent all purpose adhesive on sheets of paper (usually white) of various size weight & quality.
34 collages measure between 60-100 by 50-80 cm.
4 measure less than 42 by 30 cm.
1 measures 100 by 140 cm &
94 collages measure between 30-50 by 40-55 cm.
I made this selection of 29 works- which all come from the last group mentioned above- having in mind the title/theme "Fictions" as well as that all of these collages can be looked at on a computer-screen at one sight in its entirety (more or less).
H.V.U., Barcelona- october 2008.
deutsche fassung:
Fiktionen 07'
neunundzwanzig collagen
von Harald V Uccello
ab September bis November 2007 habe ich 133 collagen angefertigt. als bildquelle dienten mir- neben einigen handzeichnungen aus gefundenen skizzenbloecken- zumeist farbige foto-reproduktionen (bzw. teile/fragmente davon) auf glaenzendem papier aus vorwiegend spanischen wochenzeitschriften die ich fast immer mit schere ausgeschnitten- aber manchmal auch herausgerissen- & auf- zum groessten teil weisses- papier verschiedenen formats & von unterschiedlicher toenung gewicht & qualitaet- teils matt & teils glaenzend- unter verwendung von transparentem universalkleber befestigt habe.
34 collagen messen zwischen 60-100cm x 50-80 cm.
4 sind kleiner als DIN A 3.
1 misst 140 cm x 1 meter &
94 collagen messen zwischen 30-50 cm x 40-55 cm.
fuer die hier gezeigte auswahl habe ich aus der zuletzt genannten gruppe neunundzwanzig arbeiten ausgesucht da sie sich neben dem aspekt "Fiktionen" auch fuer die besonderheit des betrachten auf einem computer-bilschirms bestens eignen & zwar deshalb weil sie sich alle in ihrer gesamtheit auf/mit einem blick betrachten lassen (mehr oder weniger).
*aufzeichnungen 22.9. bis zum 19.11.2007:
22.9. collagen & was wenn ich ueberhaupt nichts anderes machen kann? was wenn ich ueberhaupt froh sein kann es so zu machen wie ich es eben mache? & was wenn ich froh sein kann wenn ich ueberhaupt irgendetwas machen kann?
30.9.: letzten donnerstag habe ich angefangen vorhandenes bildmaterial zu sortieren & inzwischen habe ich drei collagen gemacht: 1 x DIN A 4. 1 x DIN A 3 & eine fast 50 x 50 cm. das war auch die verwegenste die mich auch wirklich am meisten forderte. ich habe sie zu einem punkt gebracht wo ich jetzt nicht sagen kann ob ich damit zufrieden bin oder nicht (das ist erfahrungsgemaess ein guter ausgangspunkt). jetzt muss ich diese richtung schritt fuer schritt ausbauen. groesser werden- kleiner werden & auch nicht wiederholen. ich habe da scheint´s einiges in/auf der pfanne & das ergebniss muss verrueckt sein/ originell sein. es muss verfuehren & ueberzeugen. die collage muss spass machen etwa so wie: Du willst nicht mehr wegschauen bzw. Du willst immer wieder hinschauen...
12.10. sind das jetzt schon wieder "skizzen aus/von spanien?"... das ist wohl alles noch sehr umstaendlich & es schwebt mir von daher eine viel einfachere art der realisierung vor.
13.10. aber warum ueberhaupt collagen machen?
16.10. inzwischen- seit 28.september- fuenfzehn collagen gebaut. ich brauche mehr ausgangs-/bild-material!
17.10. collagen basteln ist fuer mich immer wieder wie keinen-boden-unter-den fuessen-haben. es ist wie was-mache-ich da-eigentlich? weil z.b. Du verwendest alle diese "fremden" bilder. gleichzeitig/dann wieder die sensation: diese aufregenden collagen! denn Du weisst von einem moment zum naechsten nicht was & ob ueberhaupt etwas dabei herauskommen wird.
18.10. seit einem monat zurueck aus dem ewig schoenen Wien ... & mit volldampf ins collagen bosseln hineingerattert.
22.10. bin ziemlich intensiv mitten in der collagenarbeit.
seit drei wochen vierundzwanzig bilder geschnippselt & geklebt. davon sind drei ergebnisse groesser als DIN A 3 sprich episch. obwohl ich generell zur einfachen aussage strebe aber manchmal geht´s halt nicht so einfach wie otto normalverbraucher sich das vorastelt. seit heute morgen schon an drei weiteren stuecken gewerkelt & eventuell noch heute abend wenn auch spaet damit fertig. es wechselt sich das kuehle annaehern an ein brauchbares ergebnis mit dem emotionalen hervorbringen ab. verschiedene techniken/herangehensweisen setze ich dabei nebeneinander ein. ich fuehle mich beim collage-bilder erfinden/kombinieren wie ein fisch im wasser.
das einzige was mangelt- vielleicht- ist eine ausreichende menge von bildmaterial- wovon ich ausgehen kann.
aber obwohl ich diese aeussere beschraenkung weder entschuldigen noch beschoenigen moechte- es hat doch auch- fuer eine gewisse zeit lang- seinen gewissen reiz.
ich kaufe schliesslich keine illustrierten: alles was ich benuetze/verarbeite habe ich gefunden & gesammelt. ja ich bin so eine art lumpen-/bilder-sammler schon frueher ja eigentlich schon also seit immer gewessen (denk jetzt nicht an DADA denk nur an uns!)... jede collage ist so eine art blumenbeet...ich arbeite in einem collagen-garten!
Bon Jour Madame Kunigunde Bon Jour Monsieur Candide! Bon Jour Pangloss Bon Jour Cacambo Bon Jour Martin etc.
23.10 mein kopf brummt so ein bisschen. ansonsten den ganzen tag im atelier herumgepusselt & nichts doch neues zustandegebracht ... die wand! ich werde wahrscheinlich das collagenmachen fuers erste aufgeben & nicht umhinkommen wieder zum zeichen & malen anfangen... meine faszination fuers collagemachen ist ja doch auch die anfaengliche distanz zu diesem fremden/kalten bildmaterial & dann ploetzlich Dein einsatz/ansatz/einstieg & peng! die verwandlung & schliesslich ist Deine ganz persoenliche collage da! oder auch nicht. dann heisst es wieder von vorne anfangen & so geht´s dahin.
24.10. heute etliche collagen gemacht bzw. auf den weg gebracht also noch einiges im rennen fuer morgen.
ich weiss jetzt was ich hier mache: ich konstruiere! geschichten konstruieren- fiktive/erfundene geschichten.
25.10. heute wieder eine epische collage gemacht- die groesste in dieser serie bisher- ca. 1 meter x 140 cm.
die hat meinen ganzen kopf & meine ganze energie aufgefressen. danach frage ich mich wozu das gut war diese entladung. das ding ist zu gross um wahr zu sein.
vielleicht sollte ich es gleich in zwei teile teilen? ich sollte mich in zukunft vor so grossen arbeiten hueten & vor allen dingen vor so harten & extra themen. trotzdem muss ich mir das ergebnis gleich jetzt noch einmal im atelier anschauen gehen.
5.11. heute hier auf dem land in der natur am fusse des Mont Mel sehr weit weg von allem auch von den collagen- davon bis jetzt ueber fuenfzig stueck/ergebnisse & noch kein ende abzusehen. (aber) seit einigen tagen wieder einen erhoehten zweifel was das medium collage betrifft ...
& doch obwohl ich hier so weit davon fort bin: im traum- quisiquasi die ganze letzte nacht lang- weiter collagen geklebt. also wie in wirklichkeit die vergangenen wochen ja fast taeglich von frueh bis spaet in Barcelona.
8.11. zurueck in der stadt & gleich wieder im atelier: zartes vogelgezwitscher wird von einer schrillen sirene jaeh unterbrochen & die haesslichkeit dieser & aller auto-staedte wird mir wieder schlagartig vor die ohren gefuehrt: ja gleich heute wieder collagen machen & je bloeder desto besser!
11.11. letzten donnerstag freitag samstag im collagenfieber: einundzwanzig neue collagen gepickt!
heute etwas genervt & erschoepft ...brauche pause.
14.11. collagenfieber anhaltend- spannende ergebnise wenn auch die meisten davon wirklich schwierig zu erreichen waren= ich fordere nicht nur meine gehirnzellen & nerven aufs aeusserste... & dazu schreibfaul aber das fuehre ich auf mein collagenfieber zurueck. kunst unter verwendung von "armen" materialien wie zb. beim collagen machen: bei mir immer schon- als haltung gegen verschwendung & gegen konsumterror & als alternative zur materialschlacht-aesthetik .
17.11. die collagenarbeit ist ein kapitel fuer sich.
denn sie ist auch so ein "Schwarzes Loch"/eines von diesen "Schwarzen Loechern". ja es macht nachgerade suechtig ideen zu finden & diesen ideen dann jeweils ihre eigene gestalt/form zu geben. Du steckst/setzt Dir grenzen/regeln & dann ueberquerst/zerstoerst Du sie bewusst. sowieso hast Du keine sicherheit kannst Du nicht wissen wie beim jeweiligen betrachter die jeweiligen bilder/ideen ankommen...zensur genauer gesagt selbstzensur: beschraenkungen ueberlegte auswahl auswahl themenwahl horizont ausdruckskraft themenkreis inneres/aeusseres universum wie blitzblauer himmel & kalte luft ... im traum vom 9. auf 10.november fiel mir die loesung fuer die letzte collage vom vortag ein- denn diese collage kam mir bei arbeitschluss noch unvollstaendig vor- & die loesung im traum war perfekt. aber nur im traum. denn zu bloed dass ich mich am naechsten morgen nicht mehr an die einzelheiten errinnern konnte. jetzt faellt mir gerade wieder eine neue moeglichkeit ein- werde ich morgen frueh gleich ausprobieren! so ich sie nicht in der zwischenzeit vergesse- was nach meiner praktik bedeuten wuerde dass die idee nicht taugt. "...er konnte nichts betrachten/ansehen & erleben ohne sich gleich eine meinung zu bilden & diese meinung zeigte sich gleich in seiner arbeit & seine arbeit war auch von daher sehr vom zufall bestimmt/abhaengig & sehr unsystematisch..."
19.11. traum: wir sind ein jeder wie ein spiegel: was wir sehen ist was der spiegel sieht.
27.11. (abflug nach Fez) gruss an L.S. Senghor: "...lass die sonne aufsteigen aus dem meer der schatten das gedicht ist eine vogel-schlange...der Phoenix fliegt auf & er singt mit seinen fluegeln ausgebreitet bilder ueber die asche aller sprachen."
Harald V Uccello. Barcelona im Oktober 2008.
sketchfromspain@gmail.com